Dienstag, 16. Januar 2007

Stattlich.

Staatsmedizin! Als Verdikt gegen die Gesundheitsreform saß das. Wenigstens meinte das voll Stolz Herr Dr. Westerwelle von der FDP, und er sprach damit für viele der „doctores“, die ihre Gehälter bei Humanmedizin, Pharma, Versicherungsvorständen, Kureinrichtungen oder auch nur im Personentransport verdienen.

In all’ den Jahren war es schließlich wunderbar gelaufen. Kuren wurden großzügig genehmigt durch die Landesversorgungsämter, Staatsdiener bekamen bei einigem Geschick mehr von Versicherung und Beihilfe erstattet, als sie selbst an Krankenkosten nachgewiesen hatten, das Taxigewerbe für die sogenannten Krankenfahrten blühte, die Zahl der Apotheken in den Stadtvierteln stieg unablässig und die Bewerberschlangen für ein Medizinstudium, das Vater Staat nachhaltig subventioniert, wurden immer länger. Das alles war natürlich keine Staatsmedizin, sondern ein staatlich geregeltes, opulentes Finanzierungswesen, mit denen sich als Betroffener bestens leben ließ.

Korruption in diesem schlecht kontrollierten, ewig wachsendem Erstattungssystem war allgegenwärtig. Viele machten mit, Ärzte, Apotheker, Kureinrichtungen, Pharmaindustrie und nicht zuletzt auch die Patienten selbst. Das ging solange gut, wie Vater Staat auf politischen Befehl immer wieder die Brieftasche öffnete und nicht gedeckte Kosten durch Steuermittel ausglich.

Nun aber schreit dieser Staat hörbar laut, hat lästige Kontrollen zum Ausgabenverhalten aller Beteiligten eingeführt, hat Budgets gedeckelt und hat viele Leistungsbereiche im Gesundheitswesen gekürzt oder gar gestrichen. Das tut natürlich weh, nicht nur den Patienten, sondern auch allen, die früher opulent am System Staatsfinanzierung bei den Gesundheitskosten verdient hatten.

Kurz um, die Stunde von medial geschickt inszeniertem Protest war gekommen, sogar Laienschauspieler werden für Demos eingesetzt. Für Herrn Dr. Westerwelle endlich eine Bühne, sich selbst mal wieder in Erinnerung zu bringen. Ob sich dadurch Mehrheiten verändern in der deutschen Politik? Mag sein. Mit Sicherheit aber nicht der schier grenzenlose, staatliche Nachschussbedarf bei den Gesundheitskosten. Und gegen diesen gezwungenermaßen stattlichen Staat hat auch keiner was, gell?

1 Kommentar:

Fritz Jörn (Fritz@Joern.De) hat gesagt…

Doch, doch, gegen Staat hab ich immer was. Da bildet sich der »Gesetzgeber« ein, Versicherungsleistungen wie Zähne zu streichen, im forschen Eingriff in Verträge. Pacta sunt redundanda – oder so ähnlich. Die »Hoheit« greift ein, in Verträge. Konkurrenz wird systemathisch ausgeschaltet, wirtschaftliche Kassen müssen unwirtschaftliche subventionieren. Alle versauern wir in einem Topf. Niemand fragt uns, ob wir in dieser extensiven »Solidargemeinschaft« leben wollen, geschweige denn, ob eine derart große »Gemeinschaft« nötig und sinnvoll ist. Private Kassen könnens doch auch. Nur gut, dass der Staat nicht die Kfz-Versicherung betreibt – warum eigentlich nicht? Vielleicht weil Autos nach dem Sozialismus erfunden wurden? Wie sozial ungerecht, dass Kfz-Versicherungen (und -Steuern) nach Auto bezahlt werden und nicht nach Einkommen! Schon das Prinzip, bei der Krankenversicherung für (doch hoffentlich gleiche) Leistungen höchst unterschiedlich zu zahlen, muss in die Irre führen.