Steinbruch.
Stifter sind ehrenwerte Leute. Wenn sie im Mittelalter etwa eine komplette Kirche gestiftet hatten, erinnert ein Denkmal an sie – gewiss zu Recht. Wir betrachten es mit Ehrfurcht und mit Gewinn – stets offen für alle gelehrten Deutungen. Zwar mag es damals handfeste Gründe gegeben haben, für das Heil in der Ewigkeit ein wenig vorzusorgen. Denn man hatte sehr drastische Vorstellungen davon, was armen Sündern in Fegefeuer und Hölle blühte, wenn sie nicht beizeiten noch reuig stifteten. Die Kirche kam so zu mancher Zuwendung, die Menschheit freute sich, die Kunstgeschichte notierte es dankbar und liefert im Gegenzug bis heute ungezählte Dissertationen.
Im berühmten Dom zu Naumburg an der Saale sind Skulpturen zu bewundern, die an frühe Stifter erinnern. Diese Stifter allerdings waren lange schon verstorben, ehe ein unbekannter Bildhauer sich zu ihrer Ehre ans Werk machte. Ähnlichkeiten mit den Jahrzehnte vorher lebenden Personen sind deshalb auszuschließen, es gab noch keine fotografischen Vorlagen. Und so entstand auch die Skulptur der „Uta von Naumburg“ (Uta von Ballenstedt, 1000?-1046). Dem Bildhauer war es gelungen, dieser Dame etwas in die Gesichtszüge zu legen, was Jahrhunderte später zur Ikone geriet, jetzt übrigens wegen schön inszenierter Fotos aus dem 19.Jahrhundert. Man entdeckte schließlich nach 1933 bei dieser kinderlosen Gräfin des Mittelalters alle Tugenden der guten Deutschen, des keuschen Mädchens und der Mutter des Volkes, und verschaffte ihr in der hauseigenen Propaganda einen Spitzenplatz.
Allerdings gab die gleiche Skulptur auch Deutungsgelegenheit für andere, als quasi "sozialistische Volksgenossin". So wird denn auch fertig behauener Stein wieder zum Steinbruch für den Zeitgeist. Dessen eigenes Schicksal holt ihn sozusagen ein, damals vor 800 Jahren, als Bildhauer anderen Weltsichten verpflichtet waren und ein Stifterdenkmal zu schaffen hatten, das mit den historischen Personen nur wenig zu tun haben sollte. Es konnte sogar nicht einmal in der von ihnen gestifteten Kirche aufgestellt werden. Denn diese Kirche gab es schon gar nicht mehr, war sie doch nur ein Vorläufer des Naumburger Domes, für den erst diese Skulptur in Auftrag gegeben worden war.
Wir lernen daraus, dass die Menschen so waren, wie sie heute sind: Sie bauen sich nach Tagesbedarf ihr Weltbild, nicht immer ganz freiwillig und wenn nötig auch aus Stein. Die mittelalterliche Markgräfin Uta von Ballenstedt hat es dabei in Naumburg erwischt, als alle Welt ein Foto einer Steinmetzarbeit bestaunte.
Sie konnte sich nicht wehren und sie möge in Frieden ruhen.
Bis zum nächsten Mal.
Stifter sind ehrenwerte Leute. Wenn sie im Mittelalter etwa eine komplette Kirche gestiftet hatten, erinnert ein Denkmal an sie – gewiss zu Recht. Wir betrachten es mit Ehrfurcht und mit Gewinn – stets offen für alle gelehrten Deutungen. Zwar mag es damals handfeste Gründe gegeben haben, für das Heil in der Ewigkeit ein wenig vorzusorgen. Denn man hatte sehr drastische Vorstellungen davon, was armen Sündern in Fegefeuer und Hölle blühte, wenn sie nicht beizeiten noch reuig stifteten. Die Kirche kam so zu mancher Zuwendung, die Menschheit freute sich, die Kunstgeschichte notierte es dankbar und liefert im Gegenzug bis heute ungezählte Dissertationen.
Im berühmten Dom zu Naumburg an der Saale sind Skulpturen zu bewundern, die an frühe Stifter erinnern. Diese Stifter allerdings waren lange schon verstorben, ehe ein unbekannter Bildhauer sich zu ihrer Ehre ans Werk machte. Ähnlichkeiten mit den Jahrzehnte vorher lebenden Personen sind deshalb auszuschließen, es gab noch keine fotografischen Vorlagen. Und so entstand auch die Skulptur der „Uta von Naumburg“ (Uta von Ballenstedt, 1000?-1046). Dem Bildhauer war es gelungen, dieser Dame etwas in die Gesichtszüge zu legen, was Jahrhunderte später zur Ikone geriet, jetzt übrigens wegen schön inszenierter Fotos aus dem 19.Jahrhundert. Man entdeckte schließlich nach 1933 bei dieser kinderlosen Gräfin des Mittelalters alle Tugenden der guten Deutschen, des keuschen Mädchens und der Mutter des Volkes, und verschaffte ihr in der hauseigenen Propaganda einen Spitzenplatz.
Allerdings gab die gleiche Skulptur auch Deutungsgelegenheit für andere, als quasi "sozialistische Volksgenossin". So wird denn auch fertig behauener Stein wieder zum Steinbruch für den Zeitgeist. Dessen eigenes Schicksal holt ihn sozusagen ein, damals vor 800 Jahren, als Bildhauer anderen Weltsichten verpflichtet waren und ein Stifterdenkmal zu schaffen hatten, das mit den historischen Personen nur wenig zu tun haben sollte. Es konnte sogar nicht einmal in der von ihnen gestifteten Kirche aufgestellt werden. Denn diese Kirche gab es schon gar nicht mehr, war sie doch nur ein Vorläufer des Naumburger Domes, für den erst diese Skulptur in Auftrag gegeben worden war.
Wir lernen daraus, dass die Menschen so waren, wie sie heute sind: Sie bauen sich nach Tagesbedarf ihr Weltbild, nicht immer ganz freiwillig und wenn nötig auch aus Stein. Die mittelalterliche Markgräfin Uta von Ballenstedt hat es dabei in Naumburg erwischt, als alle Welt ein Foto einer Steinmetzarbeit bestaunte.
Sie konnte sich nicht wehren und sie möge in Frieden ruhen.
Bis zum nächsten Mal.
1 Kommentar:
Schön mein Freund! Nur hättest du uns das Mädel doch zeigen können, etwa als Link zu http://www.clas.ufl.edu/users/fcurta/uta.jpg. Leider kann ichs Bild direkt in den Kommentar nicht einfügen. Auch die Wikipedia bringt die Dame, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Uta_von_Ballenstedt
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