Große Gefühle.
Es ist Mode geworden, die Markteinführung neuer Filme, neuer Romane, neuer Musicals oder was auch immer durch die Ankündigung aufzuladen, dass den geneigten Konsumenten dieser Dinge ganz "große Gefühle" erwarten. Ohne große Gefühle geht es heute nicht mehr, das ist sicher.
Die wiederum schlummern in Bildern, Tönen und Worten, die ihre Autoren dafür finden. Sie haben damit Herrschaft über erstaunlich kleine Aufnahmeflächen in uns für eben diese großen Gefühle: den mikroklein eingerichteten Gehörsinn zum Beispiel oder die nur wenige Quadratzentimeter messende Netzhaut in unseren Augen. Sollten beim Genuss von Wein oder italienischer Pasta ebenfalls große Gefühle aufkommen, dann hätten auch die nur sehr kleine körperliche Sensorflächen berührt. Kurzum, unsere Fühl-Flächen für die Gefühle fallen wenig eindrucksvoll aus. Selbst wenn es Hochleistungschips wären, der Verdacht liegt nahe, dass wir, von unseren Chips leicht manipuliert, diese großen Gefühle eher selbst produzieren. Oder auch nicht.
Zugegeben, die Damen und Herren Autoren, Regisseure, Köche und Werbetexter kennen ihr Handwerk, wissen, wie man mit Erfolg Gefühle herbei kitzeln kann, und machen uns solchermaßen zu braven Gefolgsleuten, die bereit sind, erstaunliche Eintrittspreise zu zahlen, Schlange zu stehen und am späten Abend bei der Parkplatzsuche im eigenen Viertel statt großer Gefühle lebhafte Wut zu empfinden. Aber ab und zu brauchen wir das, laden unsere Akkus auf und sinken danach möglicherweise in wohligen Schlaf.
Denn nicht die Welt ist's, sondern es ist die „gefühlte“ Welt, wie man modernerweise längst sagt, die uns aufs Gemüt schlägt, so oder so. Was wäre schon Kälte, wenn keine gefühlte, was Lärm oder Hitze ohne das entsprechende Gefühls-Zertifikat.
Und so haben wir ganz beiläufig auch eine neue Rechtfertigung für unser Tun bekommen: Denn erst beim Gefühlten sind wir wirklich mit dabei, verstehen und folgen willig.
Die, die uns genau dahin steuern wollten, werden sich freuen.
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