Wirklich.
In der Physik lernt man, dass ein virtuelles Bild im Gegensatz zum realen ein Bild ist, dass sich nicht auf einem Schirm abbilden lässt. Als das noch ungefähr verstanden wurde in den Schulklassen, gab es den Bildschirm heutiger Art noch nicht, sondern nur die halb durchsichtige Matt-Scheibe, durch die sich die Strahlen einer Bildprojektion leiten ließ. Hier bildete sich dann etwas ab – unser reales Bild nämlich, kurzum, es war eindeutig nicht virtuell. Ein Spiegelbild dagegen tut das nicht, es ist sichtbar und doch nur vorgegaukelt irgendwo hinter der Spiegelebene, keine Schirm könnte sich hier dazwischenklemmen und etwas auffangen. Das Bild ist also virtuell und entsteht nur in unseren Köpfen.
Die Zeiten haben sich seitdem geändert. Denn inzwischen ist gerade das Virtuelle unsere neue Info-Realität. Es ist die veröffentlichte Wirklichkeit hinter der Bildschirmebene, bestens inszeniert, so dass wir ihr gläubig folgen und sie als Realität für wahr und echt halten. Schlimmer noch, was dort nicht vorkommt, gibt es im Grunde gar nicht, wäre gar nicht existent. Nichts muss uns also mehr drängen, als in diesem Virtuellen vorzukommen durch mediale Präsenz.
Andererseits könnte es gerade diese allgegenwärtige Medial-Realität sein, die uns inzwischen dazu gebracht hat, ein paar Abfangjäger zu entwickeln, wenigstens sprachlich, um die Dinge dem allzu Deutlichen zu entziehen. So sprechen wir z.B. nicht nur von Kälte, die sich bekanntlich messen lässt, sondern von „gefühlter Kälte“. Das macht Eindruck und niemand könnte uns das letztlich bestreiten. Gefühlte Kälte ist unangreifbar, weil etwas ganz anderes als ein Skalenwert auf unserem Thermometer. Oder wir entwinden uns sanft den Fragen, die eigentlich nur ein einfaches Ja oder Nein als Antwort haben möchten. Wir tun das mit dem ahnungsvollen Zusatz „nicht wirklich“. Auf die Frage also „War’s gestern schön?“ kommt unser vieldeutiges „Ja - aber nicht wirklich“.
Und so schlagen wir ganz intuitiv der neuen Info-Realität auf dieser Welt ein Schnippchen, einfühlsam und mit viel Sowohl-als auch.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen