Samstag, 12. Januar 2008

Stadtleben, Kampfleben?

Köln, Bus-Bahnhof Rodenkirchen, früher Abend: Das gewohnte Gruppen-Warten für alle, die in den 131-er Bus einsteigen werden. Er war schon vorgefahren. Seine Mittenplattform lichtete sich zügig. Die Fahrgäste draußen hatten eine Gasse gebildet, die sich schloss, als keiner mehr von der Plattform runter wollte. Ein älterer Mann im Loden schob sich hoch, wurde aber dabei zurückgestoßen von einem Nachzügler, der aus dem diffusen Hintergrund plötzlich nach vorn geschossen kam. Es war ein kräftiger Mann, Mitte dreißig vielleicht, modisch-martialisch ausstaffiert mit schweren Stiefeln, Military-Tarnfarbenanzug und harter Schirmmütze. Er rammte den Loden-Mann herrisch mit einem vollen Bierkasten, den er dabei hatte.

Natürlich beschwerte sich der Loden-Mann, bekam aber nur lautes Dreckigkölsch zurück und einen Schlag in die Seite, der ihn in den Bus taumeln ließ. An einer Haltstange hielt er sich ein und rechnete mit der nächsten Attacke. Andere Fahrgäste schauten irritiert zu.

Bis auf einen.

Der war ganz plötzlich aus der Tiefe des Busses vorgesprungen und hatte sich mit seinen mächtigen Schultern vor dem Kasten-Mann aufgebaut, ein junger Sportlertyp mit weißer Kapuze. „Lass das“, sagte er dem Kasten-Mann, „dass machst Du nie, nie wieder!“ Blitzschnell hatte er sich dazu auch noch eine Flasche aus dem Träger gefischt und hielt sie ihm drohend wie eine Keule vor’s Gesicht. Der Kasten-Mann zögerte, kalkulierte seine Chancen und schwieg. Die Bustüren schlossen sich.

„Es gibt immer einen Stärkeren“, dachte sich der Loden-Mann zwiespältig, „Stadtleben ist Kampfleben.“ Schon bei der nächsten Haltestelle schwang sich der Sportler mit der Hühnengestalt aus dem Bus und verschwand im Dunkeln. Den Dankeblick seines deutlich älteren Schützlings nahm er mit einem kleinen Lächeln an.

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