Sonntag, 10. August 2008

Stehaufler.


Die Mechanik des Aufstehens bei den gleichnamigen „Stehauf-Männchen“ ist einleuchtend simpel: der Körper muss nach unten gerundet sein und der Schwerpunkt tief genug. Dann bleibt dieser Halbkugel mit Figürchen obendrauf gar nichts anderes übrig, als sich unverdrossen aufzurichten, wann immer sie in Schieflage kam. Die beigefügte Abbildung stammt aus WIKIPEDIA und zeigt eine Spielzeugfigur aus dem 19. Jahrhundert.
Bei lebenden Menschen sehen wir das eher zwiespältig, pendelnd zwischen Bewunderung und Ärger. Den freilich könnten wir durchaus auch gegen uns selbst lenken. Denn bei lebenden Stehauf-Frauchen oder –Männchen sind es vor allem wir selbst, die den Schwerpunkt unserer Vorturner bestimmen und auch ihre Wipp-Rundungen beim beharrlichen Hochkommen. Oder heißt es nicht besser sogar „VIP“?
Wir wollen es so und wir tun es über die nur von uns bestimmte Lese- oder Einschaltquote. Weil es nun mal herrlich unterhaltsam ist, einem Oscar, Gregor, Wolfgang oder einer Eva auf der Stehauf-Spur zu folgen, egal, wie die gerade mal abgestürzt sind, und das sogar mit gutem Grund. Es gehört zu unserem Spiel. Gar nicht erst ignorieren, sagten früher die Berliner, wenn sie die Höchststrafe verhängen wollten gegenüber Stehauflern beiderlei Geschlechtes. Und wehe für die Betroffenen, sie hielten sich dran.
Das ist lange her.

Freitag, 1. August 2008

Höhenrausch für alle?



„Höhenrausch“ ist der Titel eines sehr lesenswerten Buches von Jürgen Leinemann, der als Spiegel-Redakteur der Oberklasse ein Berufsleben lang aus der ersten Zuschauerreihe die politischen Proms sezierte. Höhenrausch meint die selbstzerstörerische Wirkung einer Droge, der nahezu alle verfallen, die ihre eigene Bedeutung dürstend aus dem Medienecho errechnen und ihr Verhalten diesem täglichen Rating ausliefern.

Genau das ist auch das Problem von Wolfgang Clement, der seine Höhen-Ämter lange schon hinter sich hat und also zu den Mikrofonen drängt, triebhaft und gut platziert, wie viele. Indess: Das politische Personal auf prominenter Bühne, noch heute würde es sich zu kläglichen Resten verlaufen, wenn alle zu gehen hätten, die an der Höhenrausch-Nadel hängen.

So gesehen ist der Rausschmiss von Wolfgang Clement aus seiner (= übrigens auch meiner) Partei ein riskanter Schritt im laufenden Politmarketing, wo mag das enden? Und ganz gerecht ist er auch nicht, weil viel zu viele drogenabhängig sind und gehen müssten. Also Höhenrausch für alle ... .

Die Zukunft hat hier längst begonnen. In unserer Mediokratie ist Schweigen Silber - und Reden jetzt Gold. „Nichts für ungut“, flüsterte der Wolfgang in seinem Innersten vielleicht seinen hessischen Genossen solidarisch zu, als er damals öffentlich ihren Wählern empfahl, sie lieber nicht zu wählen. “Nehmt es nicht persönlich, es geht nicht um Euch!“ mag er beteuert haben. „Ihr müsst das verstehen, es geht um mich. Und Ihr wisst warum.“

Also, Ring frei zur nächsten Runde - ein bisschen Trauer gehört auch dazu.